Ein Judo-Mitglied bereitet sich gerade intensiv auf seine Dan- (Schwarzgurt)Prüfung vor und hat folgenden Text verfasst:
Gedanken eines Braungurtes zum WORLD JUDO DAY 2023: „Bring your friend to Judo!”
Der Begründer des Judo, Prof. Jigorō Kanō, wurde 1860, also vor 163 Jahren in dem kleinen japanischen Dorf Mikage geboren. Seinem Andenken ist jährlich der 28. Oktober als „World Judo Day“ gewidmet.
Mein erster Lehrer war Franz Nimführ, ein Urgestein des österreichischen Judo. Neben den grundlegenden Techniken hat er mir insbesondere die Wichtigkeit von Disziplin und die Achtung vor Ritualen beigebracht. Der Sinngehalt des Begriffs Judo als „sanftem Weg“ und das Gedankengebäude, das hinter dieser Sportart steht, hat sich mir aber erst vor Kurzem erschlossen. Die Bedeutung des Judo als Sport geht weit über die körperliche Ertüchtigung und den Wettkampf als physischem und technischem Kräftemessen hinaus. Mit den Worten Prof. Kanōs gesprochen ist das Judo „ein Weg des Lebens“. Als Leitgedanken entwickelte er das „Prinzip der effektivsten Nutzung der geistigen und körperlichen Energie“. Und die aus dem Randori gewonnenen Erkenntnisse sah er als „im täglichen Leben anwendbar: es ist effektiver jemanden durch stichhaltige Argumente von etwas zu überzeugen, als jemanden zu etwas zu zwingen“.
Wie andere Bereiche des Lebens auch, blieb das Judo von bestimmten Erfahrungen nicht verschont. Wird das Handeln eines Judoka in der Öffentlichkeit als Widerspruch zu seinem Selbstverständnis als Judoka wahrgenommen, gibt es zumindest Kritik, im schlechtesten Fall weltweite Empörung. Einen möglichen Weg aus dem Dilemma weist Prof. Kanō selbst, wenn er über das Judo „außerhalb des Dojo“ sagt, dass „die Lektionen, die im Wettkampf gelernt werden, nicht nur im Training Anwendung finden (mögen), sondern in der Welt insgesamt“.
Judoka sind aufgerufen, sich an den von Prof. Kanō entwickelten Maximen zu orientieren, wie z.B.: aufmerksam sein auf die Beziehung zwischen sich selbst und anderen, Führung übernehmen, sorgfältig prüfen und entschieden handeln. Es ist der Bezug zur „Erledigung unserer täglichen Angelegenheiten“, der seinem Vermächtnis das Sinnstiftende vermittelt. Diese Lehren verdienen es, weltweit Beachtung zu finden. In jedem Dojo befindet sich ein Aushang mit der Überschrift „Judowerte“, in dem viele gute Eigenschaften erläutert werden wie insbesondere Freundschaft. So lautet das Motto des diesjährigen World Judo Day auch: „Bring your friend to Judo“.
Persönlich möchte ich mich in Zukunft dem regelmäßigen Judotraining und, wie Prof. Kanō uns lehrt, „einem Leben zu einem vorwärtsgewandten Seelenzustand“ widmen. Die Erlangung des Schwarzen Gürtels als äußerem Zeichen des Meistergrades würde für mich bedeuten, dass ich es mit meiner Haltung auch wirklich zum Meister gebracht habe. Übrigens, ein weiterer Judowert darf auch nicht vergessen werden, nämlich die Dankbarkeit! Für die Freude, die ich am Judo habe, muss ich vielen Menschen danken, vor allem Prof. Franz Nimführ, Hannes Ellinger, der viel zu früh von uns gegangen ist, Paul Fiala, Ronald Haberguth und Peter Brazdovics. Und – last but not least – Hilde Drexler.
Prof. Kanō, der Begründer des Judo, dessen Gedenken der heutige Tag gewidmet ist, gibt uns allen eine Mahnung mit auf den Weg, nämlich „immer für einen Wettkampf bereit zu sein“. Ruft uns doch jeder Tag erneut zu „Auf in den Kampf!“, also: Hajime!